Qualitätskultur – von Symptomen zu Ursachen

Der Begriff Kultur taucht zurzeit häufig in Blogtexten und Artikeln auf. Oft im Zusammenhang mit anderen Begriffen, wie Fehler-, Führungs-, Qualitäts-, Lern-, Konsequenz-Kultur und mit dem Hinweis, dass sich hier etwas zum Besseren ändern muss.

Bei meinen Beratungsprojekten lerne ich die unterschiedlichen Unternehmenskulturen bei meinen Auftraggebern kennen. Die Vielfalt dieser Kulturen ist faszinierend.

Jedes Unternehmen hat historisch seine eigene Kultur z.B. im Umgang mit Fehlern bzw. mit Qualitätsfragen entwickelt. Diese Kultur war sicher zunächst unterstützend für den Erfolg des Unternehmens. Sonst hätte sie sich nicht etabliert bzw. sonst hätte das Unternehmen keinen Bestand gehabt.

Die Frage ist aber, ob diese Kultur unter den veränderten Markt- und Rahmen-bedingungen (z.B. regulatorische Anforderungen) immer noch eine stabile Säule des Unternehmenserfolgs ist.

Was ist Kultur?

Eine umfassende Definition des Begriffs Kultur würden den Rahmen dieses Blogtextes sprengen. Das ist auch nicht der Anspruch dieses Textes. Dennoch möchte ich hier, zugegeben vereinfachend, bestimmte Aspekte herausgreifen:

Kultur …

  • ist etwas von den Menschen Gemachtes
  • bezieht sich auf eine Gruppe von Menschen
  • definiert, wer zu dieser Gruppe gehört und wer nicht
  • kann durch beobachtbares Verhalten beschrieben werden

Im Folgenden geht es mir vor allem um den Aspekt einer Kultur im Hinblick auf das Qualitätsdenken und -handeln.

Von der Fehlerkultur…

Zum Thema Fehlerkultur, hatte ich bereits früher einen Blog Post geschrieben (Blog Fehlerkultur )

Für mich ist es immer wieder spannend zu sehen,

  • wie schnell neue Mitarbeiter eine Unternehmenskultur annehmen und sich ihr anpassen
  • wie schwer es ist, eine Kultur zu verändern

Gerade bei dem Umgang mit Fehlern bzw. Abweichungen und deren Untersuchung zeigt sich dieses Phänomen:

  • welche Fragen dürfen gestellt werden
  • welche Ursachen (Root Cause) sind akzeptabel
  • welche CAPAs dürfen formuliert werden

Immer wieder beobachte ich, dass die Unternehmenskultur wirkliche Verbesserungen nicht unterstützt, sondern dazu führt, dass CAPAs nur Symptome vermindern aber nicht die wirkliche Ursache von Fehlern beseitigen.

… zur Qualitätskultur

Dabei kann die richtige Ursachenuntersuchung bares Geld wert sein, wenn nämlich die Ursachen für Fehler eliminiert werden (s. Blog Ursachen).

Ein weiterer wesentlicher Aspekt einer Qualitätskultur ist das Streben nach kontinuierlicher Verbesserung. Dazu gehört, dass unabhängig von auslösenden Ereignissen die Prozesse hinsichtlich Variabilität bewertet und ggf. verbessert werden.

Die Pflicht dazu wird meist mit dem PQR bzw. APR erledigt. Die Kür fehlt dann aber, die Evaluierung von bestimmten Parametern über den Horizont eines Jahres hinaus. Das gilt nicht nur für Herstellprozesse, sondern auch für Prüfmethoden.

Wer macht denn hier die Kultur?

Kultur wird im Zusammenspiel von allen gemacht und jeder hat Einfluss darauf. Das Verhalten jedes Einzelnen wirkt sich auf die Kultur aus und prägt sie.

Das bedeutet

  • alle sind beteiligt
  • alle sind gefordert die Kultur zu gestalten und ggf. zu verändern.
  • die Mitarbeiter haben Eigenverantwortung und dürfen nicht einfach auf die Anweisung von Vorgesetzten warten
  • die Vorgesetzten müssen mit gutem Beispiel vorangehen, ihr Handeln muss dem entsprechen, was sie fordern

In der Praxis bedeutet das z.B., bei Fehlern müssen die Ursachen gesucht werden nicht aber die scheinbar Schuldigen bloßgestellt werden.

Wie kann Kultur verändert werden?

Eine Kultur lässt sich nicht von heute auf morgen verändern. Verhaltensweisen, die sich zu einem früheren Zeitpunkt bewährt haben, sind zur Gewohnheit geworden. Und Gewohnheiten sind nur schwer zu ändern.

Hierzu gibt es viele Bücher, die durchaus unterschiedlich beschreiben, wie solche Change-Projekte erfolgreich durchzuführen sind. Drei wesentliche Erfolgsfaktoren sind:

  • als erstes muss klar kommuniziert werden, warum etwas an der Kultur geändert werden soll. Hier können z.B. die Kosten genannt werden, die durch Fehler entstehen (s. meine Blogbeiträge Qualitätskosten und Qualitätskosten optimieren).
  • dann müssen die Verhaltensweisen, die geändert werden sollen, klar benannt werden. Also z.B., dass nicht Schuldige für Fehler gesucht werden, sondern Fehlerursachen gesucht und behoben werden. Dass man zukünftig aus Fehlern wirklich lernen will.
  • zuletzt müssen alle Beteiligten das konsequent umsetzen. Das erfordert durchaus Mut und Vertrauen, von dem bisher allgemein akzeptierten Verhalten abzuweichen.

Es lohnt sich

Eine Kultur zu verändern ist ein Prozess, der zunächst langsam beginnt und Geduld erfordert. Wenn der Prozess aber angefangen hat, und erste positive Beispiele zu sehen sind, wird er sich immer schneller fortsetzen.

Meine Empfehlung, die auf Erfahrung beruht, lautet daher:

Fangen Sie an, in einem Bereich, in einer Abteilung. Das gute Beispiel wird sich durchsetzen und Auswirkungen auf das ganze Unternehmen haben.

Am Ende werden alle Beteiligten gewinnen, weil

  • sie weniger Angst haben müssen vor Fehlern (die sich auch nie komplett vermeiden lassen werden)
  • die Fehlerkosten minimiert werden
  • die Prozesse robuster laufen werden und weniger Stress und Arbeit verursachen

Wie sind Ihre Erfahrungen mit der Fehler- bzw. Qualitätskultur?