Vor kurzem hat ein geschätzter Kollege von mir, Markus Römer, einen sehr guten Beitrag zum Thema Dokumenten Prüfung geschrieben „We have reviewed this… or checked or verified it….(?)”
(https://www.linkedin.com/pulse/we-have-reviewed-checked-verified-markus-roemer/).
Die verschiedenen Aspekte beim Prüfen von Dokumenten wurden in dem oben genannten Artikel klar dargestellt. An dieser Stelle möchte ich noch ein paar allgemeine Punkte aus meiner Erfahrung ergänzen.
Erstellt, geprüft, genehmigt – weniger ist mehr
Bei meinen Projekten und Audits sehe ich immer wieder Dokumente, die eine unzureichende Qualität und manchmal sogar grobe Fehler enthalten. Und dies obwohl in Einzelfällen bis zu einem Dutzend (!) Personen unterschrieben haben.
Je mehr Leute unterschreiben, desto weniger wird die eigene Verantwortung gesehen und wahrgenommen. Nach dem Motto „Die anderen werden schon richtig prüfen / geprüft haben“.
Nach meiner Erfahrung ist die Qualität eines Dokuments umso besser, je weniger Personen (Funktionen/Rollen) an der Erstellung, Prüfung und Genehmigung des Dokuments beteiligt sind.
Weniger ist mehr gilt übrigens auch für die Anzahl Teilnehmer an Risikobewertungen (s. Blog Risikomanagement).
Ego-Reviewer
Dann gibt es die Prüfer und Genehmiger, die unbedingt auf bestimmten Dokumenten unterschreiben müssen. Ich nenne das zugespitzt gerne die Ego-Reviewer (z.B. Betriebs- oder Bereichs-Leiter, Schichtleiter, Supervisor, …).
Diese Personen meinen allein aufgrund Ihrer Funktion ein Dokument durch Unterschrift genehmigen zu müssen, unterschreiben dann aber blind ohne Prüfung, da sie sich auf jemand anderes verlassen.
Wenn dann bei einem Audit oder einer Inspektion Fehler im Dokument auffallen, wird die Verantwortung dafür gerne auf andere geschoben. Insbesondere die Qualitätssicherung bzw. die QP hätten das ja merken müssen.
Letztere Haltung zeigt allerdings klar, dass sich die Beteiligten nicht ihrer eigenen Verantwortung für cGMP-Compliance bewusst sind. Die Aufgabe der QS ist nicht, Qualität in Dokumente zu prüfen.
Wer steht für was gerade
Die Bedeutung der Unterschrift ist in vielen Unternehmen leider nicht klar geregelt (erstellt, formal geprüft, inhaltlich geprüft, zur Kenntnis genommen, in Kraft gesetzt, …?).
Eine Voraussetzung für qualitativ gute Dokumente ist die transparente Regelung der Verantwortlichkeiten bei der Erstellung, Prüfung und Genehmigung.
Deshalb soll in einer SOP für jeden (!) Dokumententyp festgelegt werden, wer welche Verantwortlichkeit hat, wer für welchen Aspekt unterschreibt und damit die Verantwortung dafür übernimmt.
Realistische Zeit für Review einplanen
Ein weiterer qualitätsrelevanter Punkt ist die Zeit, die für die Erstellung, Prüfung und Genehmigung eines Dokuments eingeplant wird.
Manche Unternehmen haben Netto-Zeiten für den Durchlauf eines Dokuments festgelegt. Diese sind nach meiner Erfahrung aber meist knapp berechnet und beruhen auf der idealen Vorstellung, dass die Dokumente
- Vollständig sind
- Alle erforderlichen Informationen enthalten
- keine Fehler aufweisen
- nicht nochmal an einen vorherigen Prüfer oder den Ersteller zurückgehen müssen
So kommen dann theoretische Durchlaufzeiten für die Erstellung und Prüfung zustande, die in der Praxis aber nicht erreichbar und daher unrealistisch sind.
Immer wieder brauchen die Ersten im Dokumentationsprozess länger als gedacht und die Folgeprüfer werden dann unter Zeitdruck gesetzt. Die Prüfung eines Chargendokuments von z.B. 120 Seiten soll dann in der QA innerhalb einer Stunde gemacht werden, am besten inklusive der Freigabe, weil ja der LKW zum Beladen schon am Lager-Dock steht. Was eine solche Prüfung leisten kann, kann sich jeder vorstellen.
Bloß weil ein Dokument verzögert bearbeitet wurde, reduzieren sich die für eine sorgfältige und fachgerechte Prüfung notwendigen Zeiten nicht.
Fazit
Folgende Punkte tragen klar zur Verbesserung der Qualität und der Durchlaufzeiten von Dokumenten bei:
- Eine kritische Überprüfung und ggf. Optimierung der Dokumentenstruktur
- Eine kritische Überprüfung und ggf. Optimierung des Dokumentationsprozesses
- Eine kritische Überprüfung und ggf. Optimierung der Rollen / Verantwortlichkeiten bei Erstellung, Prüfung und Genehmigung von Dokumenten
Für jeden Dokumententyp muss klar in einer SOP beschrieben sein, wer welche Verantwortung in Bezug auf die Qualität eines Dokuments hat.
Es müssen realistische Durchlaufzeiten für die Erstellung, Prüfung und Genehmigung eingeplant werden.
Die Prüfung muss trotz Zeitdruck sorgfältig durchgeführt werden.