Die Verantwortung des Managements – mehr als der Jahresbericht

Immer wieder werde ich mit Fragen zum Thema Verantwortung des Managements im Rahmen des PQS (Management Responsibility) konfrontiert. Dabei wird auf einen Jahresbericht verwiesen, der dem Management einer Firma vorgelegt wird.

Dieser Jahresbericht stellt eine Übersicht zu verschiedenen Kennzahlen dar und macht Vorschläge für Verbesserungen. Meist erstellt die Qualitätseinheit (QS / QM) diesen Bericht.

Damit scheint dann aus Sicht des Unternehmens das Thema Management Verantwortung bzw. Management Review im Rahmen des PQS abgedeckt.

Diese Sicht deckt sich auch mit Beobachtungen, die ich bei Auftragsaudits mache.

Was erwarten Behörden – zum Nutzen aller Beteiligten

Die ICH Guideline Q10 Pharmaceutical Quality System beschreibt klar die Verantwortung des Managements für Qualitätsaspekte in pharmazeutischen Unternehmen.

Unter Management ist hier die obere Leitungsebene einer Firma zu verstehen, also z.B. Geschäftsführer, Standortleiter und Bereichsleiter.

Im Abschnitt 2 der Guideline werden die verschiedenen Aspekte der Verantwortung des Managements aufgeführt:

  • Engagement/Selbstverpflichtung des Managements (Management Commitment)
  • Qualitätsstrategie/Qualitätsgrundsätze (Quality Policy)
  • Qualitätsplanung (Quality Planning)
  • Ressourcen Management (Resource Management)
  • Interne Kommunikation (Internal Communication)
  • Überprüfung durch das Management (Management Review)
  • Management von ausgelagerten Aktivitäten (Management of Outsourced Activities)
  • Management von Änderungen in der Produktzuständigkeit (Management of Change in Product Ownership)

All diese Aspekte müssen unter aktiver Mitarbeit des oben genannten Managements abgedeckt werden. Wie kann dies praktisch umgesetzt werden?

Regelmäßige Arbeitstreffen

Ein wichtiges und bewährtes Mittel stellt ein regelmäßiges Arbeitstreffen dar („QS-Zirkel“, „Quality Committee“ o.ä.). Dieses Treffen sollte monatlich, mindestens aber einmal im Quartal stattfinden.

Die Teilnehmer des Treffens sollen sein:

  • Der Standortleiter oder Geschäftsführer bzw. die Mitglieder der Standortleitung / Geschäftsführung
  • Der Leiter Produktion (falls nicht Mitglied der Geschäftsführung)
  • Der Leiter Qualitätskontrolle (falls nicht Mitglied der Geschäftsführung)
  • Der Leiter Qualitätssicherung (oder Qualitätsmanagement), gleichzeitig Leiter des QS-Zirkels
  • Der Leiter Supply Chain
  • Der Leiter Technik
  • Die QP(s)

Zusätzlich können zur Vorstellung und Bearbeitung von einzelnen Themenpunkte weitere Teilnehmer benannt werden.

Natürlich wird ein Teil dieser Themen auch in Besprechungen im Rahmen der operativen Tätigkeiten angesprochen, möglicherweise auch in Anwesenheit der Geschäftsführung bzw. Standortleitung. Dann aber immer mit Fokus auf operative Aspekte und nicht auf die Qualitätsaspekte.

Wichtig für den Erfolg im Geist der Guideline bzw. des PQS ist aber, dass der oben genannte Personenkreis auch wirklich regelmäßig und aktiv an den Arbeits-Treffen teilnimmt. Wird das nicht konsequent gelebt, sendet dieses Verhalten ein klares Signal über die fehlende Management Verantwortung für Qualitätsfragen in die Firmenorganisation.

Inhalte des Arbeitstreffens

Die Inhalte der regelmäßigen Treffen ergeben sich aus den oben aufgeführten Themen-Punkten. Zu den Themenpunkten gehören z.B.

  • Betrachtung von KPIs (s. dazu auch Blog Kennzahlen)
  • Kritische Abweichungen
  • Produktrückrufe, BPDRs, u.ä.
  • Ergebnisse von Audits und Inspektionen
  • Stand von CAPAs und wesentlichen Änderungsvorgängen (Change Control)
  • Projektestatus für Verbesserungsprojekte / Qualitätspläne (PQS)
  • Status für kontinuierliche Produkt- und Prozessverbesserung
  • Ressourcen und Organisationsthemen
  • Nachverfolgung von Maßnahmen aus vorherigen Arbeitstreffen

Fokus der Agenda-Punkte ist dann nicht die (erneute) Betrachtung einzelner CAPAs oder Details der anderen Themenpunkte, sondern deren Auswirkungen auf bzw. Konsequenzen für das gesamte PQS.

Dabei muss bei einer monatlichen Frequenz nicht jeder Punkt bei jedem Termin abgedeckt werden. So werden Änderungen in der Produktzuständigkeit (z.B. durch Neuzulassung, Zukäufe) und Rückrufe nicht regelmäßig vorkommen.

Die Standardagenda und die Frequenz der Agenda-Punkte sollen in der SOP zu den Arbeitstreffen beschrieben sein.

Eskalationsprozedere

Jedes PQS muss auch ein Eskalationsprozedere für kritische Themen (z.B. Abweichungen, Reklamationen, Rückrufe) an das obere Management vorsehen. Dazu bedarf es natürlich einer entsprechenden SOP.

Die Arbeitstreffen können dann zusätzlich dazu dienen, diese Eskalations-Themen im Führungskreis zu kommunizieren, vertieft zu diskutieren und entsprechende Maßnahmen festzulegen.

Maßnahmen

Aus der Betrachtung der oben genannten Agenda-Punkte ergeben sich dann u.U. weitere CAPAs, deren Abarbeitung ebenfalls im Rahmen des QS-Zirkels überwacht werden müssen.

Wichtig ist auch, dass alle CAPAs hinsichtlich ihrer Effektivität überwacht werden.

Dokumentation ist unabdingbar

Natürlich muss jedes Mal ein Protokoll der Arbeitstreffen angefertigt werden. Das Protokoll soll die wesentlichen Informationen und Entscheidungen dokumentieren.

Zusätzlich kann dann ein Jahresbericht, den ich am Anfang des Textes erwähnt habe, einen Gesamtüberblick geben zu den Bereichen

  • Kontinuierliche Qualitätsverbesserung (PQS)
  • Kontinuierliche Verbesserung von Produkten und Prozessen

Fazit

Ein Jahresbericht zum Qualitätsthemen reicht nicht aus um die Anforderungen der ICH Q10 Guideline zu erfüllen.

Das Management soll seine Verantwortung durch aktive Teilnahme an den Arbeitstreffen zeigen und damit eine klare Botschaft in die jeweilige Organisation senden.

Die Zeit, die dafür aufgewendet wird, ist gut investiert, weil dauerhafte Verbesserung und damit auch Kostensenkung erreicht wird (s. auch Blogtexte Qualitätskosten und Blog Qualitätskosten optimieren)

PS: Übrigens – solche Arbeitstreffen lassen sich sehr effizient vorbereiten, gestalten und nachbereiten und müssen daher entgegen der landläufigen Meinung nicht grundsätzlich Zeitfresser sein.