In vielen Unternehmen werden große Mengen von Qualitätskennzahlen erhoben.
Diese werden dann gerne Key Performance Indicators (KPI) oder Key Quality Indicators (KQIs) genannt.
Zusätzlich bekommen solche Zahlen Bedeutung durch die Forderung nach Quality Metrics der FDA.
Eigentlich steht das K in diesen Akronymen für Key = Schlüssel, also wenige Kennzahlen oder Parameter, die aber gezielt zur Steuerung eingesetzt werden sollen.
Der ausgetretene Pfad
Leider wird dieses Konzept meist nicht sinnvoll eingesetzt. Folgende Fehler treten immer wieder auf:
1) Eine Vielzahl von angeblichen Schlüsselkennzahlen wird monatlich erhoben. Teilweise sind das zwischen 200 und 300 Zahlen pro Monat. Häufig ist das mit dem Ansatz verbunden, das Steuern des Unternehmens oder von Unternehmensbereichen auf scheinbar objektiven Zahlen zu begründen.
Dieses Vorgehen zeigt eigentlich nur, dass der Ansatz nicht verstanden wurde und niemand im Unternehmen sich die Mühe gemacht hat, sinnvolle Kennzahlen auszuwählen, welche die wichtigen (!) Themen des Unternehmens betreffen.
2) Erschwerend kommt hinzu, dass diese überbordende Anzahl von Kennzahlen in vielen Firmen überwiegend noch manuell erhoben und zusammengestellt werden muss, was mehrere Manntage gegen Monatsende erfordern kann.
3) Gerade bei Kennzahlen, die in Großunternehmen standortübergreifend erhoben werden, sind die Zahlen nur eingeschränkt vergleichbar. Dies liegt an den oft unpräzisen Definitionen.
Ein Beispiel ist hier die Zahl von Abweichungen pro Charge. Selbst in großen Unternehmen mit einheitlichen Qualitätsstandards haben verschiedene Standorte ein unterschiedliches Verständnis davon, was eine Abweichung ist. Was bedeutet es weiterhin, wenn diese Kennzahl an einem Standort, der Bulkprodukt herstellt, gleich groß ist, wie an einem Standort, der aus einer Bulkcharge das Fertigprodukt in unterschiedlichen länderspezifischen Chargen konfektioniert?
4) Wer liest und interpretiert Monat für Monat diese Vielzahl von Kennzahlen, vielleicht sogar von mehreren Standorten? Meist werden aus den Zahlen keine konkreten Aktionen abgeleitet.
5) Die Kennzahlen werden häufig auch in stark aggregierter Form an die Executive-Ebene des Unternehmens gemeldet, z.B. in Form von Ampelfarben für Trends. Aber was folgt daraus konkret?
Kennzahlen, aber richtig
Kennzahlen sind eine Messbare Art und Weise, Ziele zu definieren und Ergebnisse auf dem Weg der Zielerreichung zu überwachen.
Zahlen sind aber häufig anfechtbar und nur scheinbar objektiv. Kennzahlen müssen daher:
- Direkt auf ein Ziel bezogen sein
- Verbesserungen fördern
- Über die Zeit wiederholbar / reproduzierbar sein
- Zuverlässig und verifizierbar sein
- Einfach und leicht zu nutzen
- Schnelle Rückmeldung in Bezug auf den Fortschritt bei der Zielerreichung geben
Maximal sollten Sie für ein Ziel 7 Schlüssel-Kennzahlen erheben (s.a. David OSullivan, Applying Innovation, Udemy Kurs).
Dies sollen dann idealerweise automatisch erfolgen. Dazu kann es notwendig sein, Prozesse zu optimieren, zu automatisieren und in elektronischen Systemen abzubilden.
Der richtige Weg
Ein wichtiger Schritt zur effektiven Nutzung von Kennzahlen beginnt also mit dem Ausmisten und dem Reduzieren.
Zunächst benennen Sie klare Ziele oder Teilziele, deren Erreichen Sie mit Hilfe von Kennzahlen steuern wollen.
Dazu identifizieren Sie im nächsten Schritt die Prozesse, die wesentlich zur Wertschöpfung beitragen.
Dann optimieren Sie diese Prozesse (s. dazu Blog #002).
Im Anschluss an die Prozessoptimierung legen Sie gemeinsam mit den entsprechenden Prozessbeteiligten wenige aber zielführende Zahlen fest.
Kennzahlen wirklich zur Verbesserung nutzen
Alle Beteiligten sollen die ausgewählten Kennzahlen gemeinsam (!) auswerten und interpretieren (Operator und zuständiger Manager).
Die Firmenleitung kann sich dann darauf beschränken, den Prozess der Kennzahlenbewertung zu kontrollieren. Sie muss dann aber nicht mehr routinemäßig die Vielzahl von mehr oder weniger aggregierten Kennzahlen als solche kontrollieren.
Entsprechend der beobachteten Entwicklung und Zielerreichung identifizieren Sie in regelmäßigen Abständen neue Ziele und entsprechende Kennzahlen.