Lieferantenqualifizierung – wie Sie den Fragebogen richtig nutzen

Heute möchte ich einen Aspekt zum Thema Lieferantenqualifizierung betrachten. Lieferanten sind dabei im Folgenden:

  • Material-Lieferanten und -Händler
  • Auftragshersteller und -labore,
  • Transport-, Lager- und Distributionsunternehmen
  • Dienstleister aller Art (z.B. Pest-Control, Reinigung von Reinräumen bzw. Kleidung, Entsorgung, ingenieurtechnische Dienstleistungen, Beratung, …)

Das große Qualitätsquiz

Einer der ersten Schritte im Rahmen der Erstqualifizierung eines Lieferanten ist der Versand eines Fragebogens, den der potentielle Lieferant ausfüllen soll. Die so erhaltenen Informationen ermöglichen

  • eine vorläufige papierbasierte Bewertung des Lieferanten zur weiteren Risikoeinstufung
  • daraus folgend die Festlegung der weiteren Vorgehensweise bei der Qualifizierung.

Einige Unternehmen haben viel Arbeit in diese Fragebögen gesteckt, die teilweise 20-30 Seiten umfassen und bis zu hundert und mehr Fragen aufführen. Themenfelder, die üblicherweise abgefragt werden sind:

  • Stammdaten des Lieferanten (Anschrift, Kontaktdaten, Ansprechpartner)
  • Gesellschaftsform, Tochter- bzw. Schwesterfirmen, Standorte, …
  • Anteil Pharma am Gesamtgeschäft, Betriebsgröße, …
  • Produkte (insbesesondere Antibiotika, Hormone, toxische, zytotoxische, sensibilisierende, hochaktive Substanzen, …)
  • Organigramm, Mitarbeiter nach Funktionen, …
  • Zertifikate (ISO, Umwelt, …)
  • Genehmigungen u.ä. (ggf. Herstellung, Großhandel, DMF, SMF, …)
  • Inspektionen durch Behörden (falls zutreffend)
  • Detailfragen zum Qualitätsmanagement (Abweichungen/Reklamationen, Änderungskontrolle, Training, Dokumentation, …)
  • Detailfragen zur Herstellung/Produktion
  • Detailfragen zur Qualitätskontrolle (Probenzug, Testung, …)
  • Detailfragen zu IT und Datenintegrität
  • Detailfragen zu Räumlichkeiten (ggf. Hygienezonen) und Anlagen (Vermeidung von Kreuzkontamination)
  • Detailfragen zu Subunternehmen (z.B. Testlabors, …)

Nicht immer muss der potentielle Lieferant alle Fragen bzw. Themenblöcke beantworten, da manche Themen im Einzelfall nicht zutreffen.

Wenn es gut läuft, liegen dann relativ schnell die Antworten auf die Fragen vor. Aber wie geht es dann weiter? Der nächste Schritt ist leider nicht immer konsequent umgesetzt.

Die Auswertung

Die Erfahrung zeigt, dass häufig keine klaren Kriterien vordefiniert sind, wie die Antworten des potentiellen Lieferanten zu bewerten sind.

Es soll grundsätzlich in der SOP zur Lieferanten-Qualifizierung vorab festgelegt werden

  • Was bei welchen Fragen als eine zufriedenstellende Antwort gewertet werden kann
  • Bei welchen Fragen Belegdokumente vorgelegt werden müssen
  • Welche Fragen kritische Informationen liefern und auf jeden Fall beantwortet werden müssen
  • Welche Fragen auf jeden Fall zufriedenstellend beantwortet werden müssen (kritische Kriterien)
  • Wie viele Fragen insgesamt zufriedenstellend beantwortet werden müssen (prozentual)

Diese Bewertungskriterien sollen auf einem Bewertungs-Formular vorgegeben sein. Dadurch wird eine transparente und nachvollziehbar dokumentierte Auswertung des Fragebogens ermöglicht.

Und nun?

Je nach Auswertungsergebnis soll dann das weitere Vorgehen festgelegt werden:

  • Anfordern weiterer Informationen
  • Durchführung eines Vor-Ort Audits und ggf. daraus folgende Maßnahmen
  • Festlegung bestimmter vertraglicher Verpflichtungen

Falls ein potentieller Lieferant bestimmte Anforderungen nicht erfüllt, es aber keine Alternativen gibt, ist auf jeden Fall eine detaillierte (und dokumentierte!) Risikobewertung erforderlich. Hier können dann auch notwendige Maßnahmen wie zusätzliche Tests oder ähnliches festgelegt werden.

In einem der nächsten Blogbeiträge werde ich auf das Thema risikobasierte Festlegung der Notwendigkeit von Audits bei Lieferanten eingehen.