In einem früheren Blog Inspektionen – Albtraum oder Pflichtübung hatte ich das Thema Inspektionen schon einmal angesprochen.
Ein wichtiger Erfolgsfaktor bei Inspektionen ist der richtige Umgang mit Fragetechniken. Dies gilt aus der Sicht eines Inspektors bzw. Auditors ebenso wie aus der Sicht des Inspizierten bzw. Auditierten.
Im Folgenden möchte ich auf die Perspektive des Befragten eingehen.
Genau zuhören, was gefragt wurde
Grundsätzlich sollten Sie nur genau die Frage beantworten, die gestellt wurde. Wenn der Inspektor fragt „Wie spät ist es?“, sagen Sie ihm die Uhrzeit aber fangen Sie nicht an, die Vorteile Ihrer Uhr zu erklären.
Wenn Sie sich nicht ganz sicher sind, was mit der Frage gemeint ist und worauf der Inspektor hinauswill,
- wiederholen Sie das, was Sie glauben verstanden zu haben
- fragen Sie den Inspektor, ob das richtig verstanden ist
Danach können Sie die Frage dann beantworten.
Im Folgenden möchte ich auf einzelne Beispiele von Fragetechniken eingehen und die jeweiligen damit verbundenen Risiken.
Geschlossene Fragen
Geschlossene Fragen liefern dem Fragenden nur wenig Informationen, da sie mit Ja oder Nein zu beantworten sind.
Hier ist das Risiko gering, dass Sie sich durch Ihre Antwort Probleme bereiten.
Wenn also der Inspektor fragt „Haben Sie eine SOP zum Thema XY“ dann antworten Sie wahrheitsgemäß mit Ja oder Nein.
Fangen Sie auf keinen Fall an, zum Thema XY zu erzählen oder, falls Sie keine SOP zu dem Thema XY haben, warum Sie meinen, dass das nicht nötig sei.
Wenn der Inspektor mehr dazu wissen will, kann er nachfragen.
Offene Fragen
Offene Fragen können eine größere Menge und Qualität an Informationen liefern. Der Befragte entscheidet zunächst, was und wie umfangreich er antwortet.
Hier gibt es ein mittleres Risiko, dass Sie sich durch Ihre Antwort Probleme bereiten.
Offene Fragen beginnen z.B. mit „Wer ist alles verantwortlich für …?“, „Wo dokumentieren Sie …?“, „Wie stellen Sie sicher, dass…?“, „Was …?“.
Auch hier gilt, knapp und genau antworten, nicht Nebenaspekte des Themas ansprechen.
Hypothetische Fragen
Diese Fragen verleiten Sie unter Umständen zu Spekulationen und bergen daher ein hohes Risiko.
Seien Sie also vorsichtig mit Ihrer Antwort, wenn ein Inspektor fragt „Was würde passieren, wenn …?“
Es kann sein, dass der Inspektor die Frage einem weiteren Kollegen von Ihnen stellt, der dann möglicherweise eine andere Antwort gibt. Dann fangen vermeidbare Diskussionen an …
Wenn der gefragte Fall Ihrer Kenntnis nach nicht in einer SOP geregelt ist, dann sagen Sie das. Sie sollten aber nicht anfangen zu diskutieren, ob der beschriebene Fall wahrscheinlich oder unwahrscheinlich ist.
Grundsätzlich gilt, wenn Sie zum Beispiel nicht sicher sind, in welcher SOP etwas steht oder wie die Regelung aussieht, sagen Sie z.B. „Mit der Situation war ich bisher nicht konfrontiert, in dem Fall würde ich meinen Vorgesetzten / meinen zuständigen Kollegen fragen …“
Und die größte Herausforderung …
… wenn der Inspektor keine Frage stellt.
Stille des Inspektors kann verschieden Ursachen haben. Er denkt über die letzte Antwort nach, überlegt eine neue Frage oder will einfach nur einen Moment verschnaufen.
Die Wenigsten halten diese Stille aus. Sie werden unruhig und fangen an zu erzählen. Das birgt ein hohes Risiko.
- Der Inspektor kann verärgert werden
- Sie könnten ein Thema ansprechen, das der Inspektor schon abgeschlossen hatte
- Sie könnten ein Thema ansprechen, das der Inspektor nicht auf seiner Agenda hatte
- Sie könnten eine Information geben, die dem Inspektor Anlass für neue Fragen gibt
- …
Fazit
Natürlich gibt es noch einige andere Fragetypen und -Techniken, die unterschiedliche Risiken bergen. Auch die Herangehensweise von Inspektoren verschiedener Behörden unterscheiden sich. Diese Themen würden aber den Rahmen dieses Blogbeitrags sprengen.
Wichtig ist, wahrheitsgemäß zu antworten, nicht zu spekulieren und im Zweifelsfall zu sagen, dass Sie die Frage nicht beantworten können, wenn das Thema nicht zu Ihren Kernaufgaben gehört.
In einer Inspektion ist es besser zu zeigen, dass man seine Grenzen kennt, als dem Inspektor etwas vorzumachen. Das kann ein erfahrener Inspektor schnell durchschauen und dann haben Sie die Vertrauensbasis zerstört.